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08 Nov
08Nov
Suara Keheningan | Inosensius I. Sigaze, O.Carm

Predigt am 8. Sonntag | Weish 6, 12–16; 1 Thess 4, 13–18; Mt 25, 1–13 |

1. Eines Tages, im Frühherbst 2019, gingen in Mainz Kastel ein Mann und sein Sohn mit einem kleinen Hund spazieren. Etwas weiter waren eine Frau und ihr Ehemann zu sehen, die auf den Mann und dessen Sohn zukamen. Die Frau trug einen roten Schal, dessen Spitze etwas lang war und fast den Boden berührte. Der kleine Hund sah offenbar den roten Schal und ging fröhlich auf den roten Schal zu. Aus einer Entfernung von etwa 10 Metern sah ich den Vorfall. Ich sagte nur spontan: Oh nein. Ich dachte, die Frau ist bestimmt verärgert darüber. Aber das Gegenteil war der Fall. Die Frau sagte nur „wow wow schön“, während sie sich weiter dem kleinen Hund näherte. Sie nahm es positiv auf, dass von eben auf jetzt ein roter Faden von ihrem Schal an den Zähnen des kleinen Hundes klebte. Der Besitzer des kleinen Hundes entschuldigte sich für den Vorfall.

2. Was ist Weisheit? Wo können Menschen die Weisheit finden? Könnte es sein, dass Weisheit nur „Worte der Weisheit“ bedeutet, wie sie in der Schrift geschrieben stehen? In der heutigen ersten Lesung aus dem Buch der Weisheit heißt es: „Die Weisheit ist bereit, sich denen zu offenbaren, die sie suchen.“ Wir alle, die wir heute hier sind, suchen auch nach Weisheit.

Nun möchte ich auf drei Aspekte näher eingehen: Erwartende Begegnung, Schönheit und Ordnung der geschaffenen Welt, und die Zeit der Hoffnung

3. Die obige Geschichte hat mich zu einem Gedanken über die Bedeutung einer erwarteten Begegnung gebracht. Auf Gott zu warten bedeutet, auf eine Begegnung zu warten, die den Sinn unseres Lebens und unserer Geschichte darstellt. Für Christen bedeutet dies: auf Christus zu warten. Dieses lange Warten wird am Ende der Zeit seine ganze Erfüllung finden und zur gleichen Zeit eine jeweils kleine Erfüllung jeden Tag, zur vollen Stunde und auf  je eigene Weise. Wir wenden uns an diejenigen, die in unserer Mitte anwesend sind: in dem Wort, das wir hören, im Sakrament, das wir empfangen, in dem Lebensereignis, das wir erleben, in der Person neben uns.

4. Wir können andere aus allen möglichen Gründen nicht leicht beurteilen, aber wir müssen nach dem „einen gemeinsamen Faden der Weisheit“ suchen, der alles und alle miteinander verbindet, ohne dabei anderen zu nahe zu treten. Es wird viel nützlicher sein, wenn wir der Frau aus der genannten Geschichte ähneln, die großzügig und geduldig ist, und die die Situation um sie herum in Ruhe ansehen kann. Mit einer solchen Haltung sollten auch wir offen für Weisheit sein. Denn die Weisheit selbst sucht nach denen, die Weisheit suchen, und die immer bereit sind, auf deren Ankunft zu achten. Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn die Menschen angesichts der Probleme des Lebens ein wenig von der Idee eines Polyeders, also eines vielseitigen Körpers, sehen würden: Jeder Teil wird in seinem Wert respektiert und gleichzeitig ist das Ganze mehr als nur ein Teil und auch mehr als eine Zahl.

5. Was uns auch weiter helfen kann, ist die Art und Weise, wie der Apostel Paulus in seinem Brief an die Thessalonicher tröstende Worte findet. Paulus hat seinem Volk gezeigt, dass Trauer immer da ist. Aber die Menschen müssen sich daran erinnern und glauben, dass diejenigen, die in Christus Jesus sterben, auferstehen werden. Und am Ende lädt Paulus die Menschen dazu ein, sich auch gegenseitig zu trösten. Das heißt: Trauer muss durch Hoffnung ersetzt werden. Stolz durch Gastfreundschaft, Hass durch Liebe. Und das Ego muss durch Respekt und Altruismus ersetzt werden.

6. Der zweite Aspekt betrifft die Schönheit und Ordnung der Welt der Schöpfung. Wann können wir oder wie oft können wir „Das ist schön“ sagen?

Die Perspektive auf die Begegnung, von der ich anfangs erzählt habe, ergab sich spontan, ohne im Voraus geplant zu sein. Aber als ich die Begegnung gesehen hatte, bekam ich eine Ahnung davon, was die Welt darin verbindet. Ich bekam ein Gespür für die Schönheit und Ordnung der geschaffenen Welt. Im Alten Testament wird Weisheit oft als tief mit dem menschlichen Geist verbunden dargestellt. Das Johannesevangelium setzt dann „Weisheit“ mit „dem Wort“ gleich. Das Wort ist Fleisch geworden: Seitdem begegnet uns Gottes Weisheit bzw. sein Wort in besonderer Weise, denn es wohnt unter uns, geht uns in Fleisch und Blut über.

7. Paulus spricht im 1 Thessalonicherbrief fünfmal vom Kommen des Herrn in den letzten Tagen. Es wird an „diesem Tag“, „dem Tag des Herrn“ geschehen. Bei der Beschreibung des Tages müssen wir zwischen einer wahren Glaubensbekundung und einer „apokalyptischen“ Szene unterscheiden (der Ruf des Erzengels, Gottes Posaune, über den Wolken erhoben). Der wahre Ausdruck des Glaubens findet sich in 1. Thess 4,14, wo es heißt. Wenn Jesus gestorben und auferstanden ist, wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen mit ihm zur Herrlichkeit führen. Wenn also Christus kommt, werden alle, die in Christus sterben (die getauft sind) und alle, die im Glauben an Christus leben, ihm begegnen, um für immer bei ihm zu sein. Hoffnung macht es Christen möglich, nicht mehr um ihre Lieben trauern zu müssen.

8. Der dritte Aspekt ist die Zeit der Hoffnung und der Prüfung. Die Zeit der Kirche dauert von Jesu Weggang bis zu seiner Wiederkunft. Es ist die Zeit der Hoffnung und der Prüfung. Das Kommen des Herrn kann lange dauern und sich verzögern. Die „weisen Jungfrauen“ schliefen ein, aber ihre Herzen waren wach für die Begegnung mit Gott und sie bereiteten sich entsprechend vor. Für die „törichten Jungfrauen“ hatte es jedoch keinen Sinn, „Herr, Herr“ zu schreien. Sie glauben zu wissen, wie Gott handeln wird, verschlafen aber ihre Gegenwart und Zukunft.

9. Die meisten Menschen sind heute mit der Covid-Krise beschäftigt und überlegen sich intensiv, wie sie ihren Kontakt mit anderen Menschen einschränken sollen. Es gibt so viele Menschen, die aus Gesundheitsgründen auf strenge Regeln drängen, um die Ausbreitung des Virus zu begrenzen. Nicht wenige Menschen protestieren jedoch gegen die bestehenden Entscheidungen und Richtlinien. Sie sehen diese Einschränkung nur als Einschränkung ihres Freiheitsraums. Es gibt auch Menschen, die die Regeln absichtlich nicht beachten. Es wäre sinnvoll, dass wir durch den Geist der heutigen Lesungen mehr wachsam sein würden und uns vor allem wie die fünf klugen Jungfrauen verhalten würden.

10. Das heutige Evangelium zeigt deutlich die Beziehung zwischen Weisheit und geistiger Einstellung. Weise zu sein bedeutet, sich wie die fünf weisen Jungfrauen zu verhalten. Das heißt, sie bereiten sich nicht nur auf heute, sondern auch auf den kommenden Tag, auf die Zukunft vor. Weisheit bedeutet in diesem Zusammenhang eine neue Perspektive, wie sie bei den klugen Jungfrauen vorhanden war, und dass man daran glaubt.

11. Die gegenwärtige Situation in unserer Welt erfordert, dass wir Solidarität als zentrales Thema betrachten. Solidarität mit allen, mit Fremden oder mit törichten Handlungen des Menschen, ist ein wichtiger Aspekt der Enzyklika Fratelli tutti von Papst Franziskus: Wir brauchen eine neue Perspektive mit einer Orientierung an vier wichtigen Verben: aufnehmen, schützen, fördern und integrieren.

12. Schließlich kann ich nur sagen, dass wir immer wieder mit Problemen konfrontiert sein werden. Wie können wir sie angehen? Natürlich brauchen wir Weisheit. Und diese Weisheit ist untrennbar mit einem guten Wort verbunden, das motiviert, ein Wort, das schützt, ein Wort, das eine schlechte, negative Atmosphäre in eine schöne, und positive verwandelt, ein Wort, das Hoffnung gibt, ein Wort, das eine sehnsüchtige Begegnung vorbereitet. Wenn das Wort Gottes Fleisch geworden ist, sollte dann nicht dieses Wort auch bei uns in Fleisch und Blut übergehen können?

Ino Sigaze,O.Carm

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